Wein-Krieg um den "Prošek" Zwischen Italien und Kroatien schäumt es
Prosecco oder Prošek? Die Kroaten wollen, dass die EU ihren Wein anerkennt, dessen Namen so ähnlich klingt wie der des berühmten italienischen Schaumweins. Die Italiener wollen das verhindern. Beide Seite greifen tief in die Archive.
In vino veritas, lautet ein wohlbekanntes Sprichwort, im Wein liegt die Wahrheit. Aber stimmt das? Klar, dem einen oder anderen kann in erheitertem Zustand so manche Wahrheit herausrutschen, die er tags darauf vielleicht bereut. Auch hier geht es um Wein, aber um eine weitaus trockenere Wahrheit, über die Italien und Kroatien schon seit Jahren so sehr im Clinch liegen, das man von einem veritablen Wein-Krieg sprechen könnte.
Aus italienischer Sicht geht es um den Prosecco, beziehungsweise um dessen Ursprungsbezeichnung. Damit sind Namen gemeint, die Orte und Landschaften angeben, die eng mit der Herkunft eines spezifischen Produkts zusammenhängen. Was den Prosecco betrifft, ist es das Anbaugebiet zwischen Valdobbiadene und Conegliano in der Provinz Treviso, das seit 2019 auch zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Der Name Prosecco oder ein ähnlicher darf daher nicht für Weine verwendet werden, die nicht aus diesem Teil Italiens stammen.
Das hat Kroatien nicht davon abgehalten, bei der EU-Kommission zu beantragen, die traditionelle kroatische Bezeichnung "Prošek" ins EU-Amtsblatt aufzunehmen. Es ist bereits der zweite Anlauf des Landes, nachdem der erste Versuch 2013, kurz nach dem Eintritt Kroatiens in die Europäische Union, abgelehnt worden war.
Beim Begriff Prošek denkt der Laie natürlich sofort an den bekömmlichen italienischen Prosecco, der die lauen Sommerabende am Meer begleitet, eine Party erheitert oder für die richtige Atmosphäre bei einem Rendezvous sorgt. Nur Kenner wissen, dass Prošek und Prosecco zwei sehr unterschiedliche Getränke sind: Der kroatische Begriff bezeichnet einen Süß- oder Dessertwein, der im Süden Kroatiens, genauer in Dalmatien, zu Hause ist.
Es geht vor allem um Politik Wegen des "Italian Sounding", das den normalen Bürger in die Irre führe, hat Rom zusammen mit den Prosecco-Verbänden auch diesmal Einspruch gegen die kroatische Forderung eingelegt. Am kommenden Donnerstag läuft für die Italiener die Frist ab, der EU-Kommission die letzten Dokumente zu unterbreiten.
Die Italiener sind irritiert, wirklich besorgt erscheinen sie nicht. "Wir haben uns mehrmals mit den kroatischen Winzern getroffen", sagt Luca Giavi, Generaldirektor des Verbands "Consorzio di tutela Prosecco Doc", im Gespräch mit ntv.de. "Diese sind gar nicht so erpicht auf die Anerkennung der traditionellen Bezeichnung. Irgendwie werden wir uns schon mit den Italienern arrangieren, meinen sie." Vielmehr sei es die Politik, die darauf poche. Der italienische Landwirtschaftsminister Stefano Patuanelli bestätigt das. "Die Prošek-Winzer haben ihren Markt und außerdem, abgesehen von einem leichten Preisanstieg, wäre da für sie nicht viel herauszuholen", sagt er. "Für die kroatischen Politiker ist das was anderes."
Tatsächlich haben die kroatischen Weinbauern Grund, den Disput zwischen Rom und Zagreb entspannt zu verfolgen. Beim kroatischen Prošek geht es um einige hundert Flaschen pro Jahr. Ganz anders sieht es beim italienischen Prosecco aus, von dem 2020 über fünf Millionen Flaschen hergestellt wurden, und bei dem es sich um den weltweit meistverkauften Wein handelt.
Den kroatischen Politikern gehe es um den nationalen Stolz, meint Giavi. Aber das scheint in Italien nicht anders zu sein. Deswegen bemühen sowohl Zagreb als auch Rom immer wieder die Geschichte. Im Fokus steht die Ortschaft Prosecco. Der Ort gehört zu Triest und liegt unweit von der slowenischen Grenze, zwischen Villa Opicina und Santa Croce.
Ein Kupferschild von 1585 Beide Seiten haben lange und penibel in historischen Dokumenten herumgestöbert, um den endgültigen Beweis zu finden, dass die jeweilige Forderung die richtige ist. Italien scheint vor kurzem einen Volltreffer gelandet zu haben: Die bekannte Weinkellerei Zonin hat in ihrem Archiv ein Kupferschild aus dem Jahr 1585 gefunden, auf dem die Ortschaft Prosecco "Prosek" genannt wird. Damals war das östliche Gebiet der Region Friaul-Julisch Venetien Teil des Habsburger Reiches. Für Rom ist das der Beweis, mit dem man die Kroaten in die Schranken weisen will.
Natürlich zeigt Zagreb sich unbeeindruckt. Die kroatische Landwirtschaftsministerin Marija Vučković unterstreicht ihrerseits, dass Prošek seit Hunderten von Jahren im Süden Kroatiens produziert wird. "Niemand kann behaupten, dass Prošek vom italienischen Prosecco abstammt. Prošek ist ein traditioneller Begriff, der bereits seit dem 18. Jahrhundert für unseren Dessertwein verwendet wird."
Italien gibt sich trotzdem zuversichtlich. Giavi erinnert daran, dass vor einigen Jahren Italien den Kürzeren gezogen hatte. Damals ging es um den Anspruch der Winzer aus dem Friaul, den Namen "Tocai" zu verwenden. In diesem Streit gab die EU Ungarn Recht, denn dort befindet sich das Weinanbaugebiet Tokaj. "Und so heißt unser Tocai jetzt Friulano", erläutert Giavi. Es wäre also nicht nachvollziehbar, würde die Kommission beim Prošek den kroatischen Argumenten folgen.
Außerdem wäre so ein Rechtspruch für alle europäischen Ursprungsbezeichnungen fatal. "Es ist ja nicht so, dass nur wir den Namen Prosecco außerhalb der EU nicht mehr schützen könnten", gibt Giavi zu bedenken. Dasselbe würde auch anderen traditionellen europäischen Benennungen widerfahren. "Warum soll ein amerikanisches Gericht uns bei einer Bezeichnung unterstützen, die fälschlich eine europäische Herkunft suggeriert, wenn schon die EU-Kommission darüber hinwegsieht?"
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