Der serbische Torschützenkönig wird für ein Jahr ausgeliehen - Brasilianer Costa kommt, falls Wichniarek geht Von Uwe Bremer und Horst Bläsig
Es war ein turbulenter Tag bei Hertha BSC. So turbulent, daß Trainer Falko Götz um 17.50 Uhr vor dem Test des Fußball-Bundesligisten in Ludwigsfelde (Endstand 4:0) noch nichts von der Personalentscheidung wußte, die die Klubführung bereits um 17.20 Uhr an die Nachrichtenagenturen herausgegeben hatte. Dort hatte Hertha die Verpflichtung von Marko Pantelic (26) vermeldet. Der Torschützenkönig von Serbien und Montenegro wird zunächst für ein Jahr von Roter Stern Belgrad ausgeliehen. Anschließend besitzt Hertha BSC eine Kaufoption.
Falko Götz wollte die Entwicklung - der Klub fahndet seit längerem nach einem Stürmer - vor der Partie gegen den Oberligisten nicht kommentieren. "Sorry, ich war mit der Vorbereitung beschäftigt, da muß ich mich erst mal schlau machen."
Dafür redete Dieter Hoeneß. "Wir freuen uns, daß es gelungen ist, den serbischen Torschützenkönig zu verpflichten", sagte der Manager von Hertha BSC. Wichtig sei gewesen, daß der seine Qualitäten bereits nachgewiesen habe. Pantelic erzielte in der vergangenen Saison 21 Treffer. "Wir haben uns intensiv mit dem Transfer beschäftigt, ehe wir uns entschieden haben", so Hoeneß. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, hat in diesem Fall aber einen konkreten Hintergrund. Ursprünglich wollte Hertha, das mit Josip Simunic und Niko Kovac zwei Kroaten beschäftigt, nicht unbedingt einen Jugoslawen holen.
Erschwerend kam hinzu, daß Pantelic, der während des Jugoslawien-Kriegs 1999 in Lausanne/Schweiz spielte, sich damals im Magazin "Facts" so geäußert hatte: Die Verantwortung für den Krieg liege nicht bei den Serben sondern bei der Nato unter der Führung der USA. Er "stehe voll hinter seinem Präsidenten Slobodan Milosevic". Bekanntlich steht der jugoslawische Diktator mittlerweile wegen Massenmordes vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag.
Doch in diversen Spielbeobachtungen überzeugte Pantelic. Nicht nur spielerisch, er gefiel auch als Typ. Hoeneß wußte um die Einwände. Um den Charakter einschätzen zu können, traf er sich mit Pantelic in Belgrad zu einem langen Gespräch. Es ging nicht nur um Politik - der Stürmer hat trotz seiner noch jungen Jahre bereits für neun Klubs in sieben Ländern gespielt.
Der Porsche-Fahrer gilt als ebenso talentiert wie exzentrisch. Als ihm ein Trainer riet, die Sprungkraft zu verbessern, antwortete er: "Ronaldo springt auch nicht höher und ist Weltklasse." An Selbstvertrauen mangelt es ihm ebenfalls nicht. Mit Anfang 20 tönte er: "Ich bin einer der Besten der Welt. Wie Ronaldo oder Batistuta."
Doch Pantelic konnte Hoeneß nun überzeugen. Die Rede war von jugendlicher Großspurigkeit, Lernfähigkeit und zunehmender Reife.
Gestern flog der Stürmer in Berlin ein und überstand bei Mannschaftsarzt Dr. Ulrich Schleicher die obligatorische sportmedizinische Untersuchung. Am Nachmittag erfolgte die Einigung, Pantelic erhält bei Hertha die Nummer 9 und ist ab sofort spielberechtigt. International jedoch kann er in dieser Saison nicht mehr eingesetzt werden, da er mit Roter Stern in der Uefa-Cup-Qualifikation gespielt hat. Nach dem 4:0 in Ludwigsfelde äußerte sich auch Trainer Götz: "Wir haben ihn lange genug beobachtet. Ich bin überzeugt, daß wir mit Pantelic an Qualität gewinnen werden."
Der Serbe war nicht der einzige Gast bei Hertha BSC. Aus Rio de Janeiro war Anderson Costa (21) angereist. Costa ist ebenfalls Angreifer, er durchlief von der U 17 bis zu U 20 alle Nachwuchsnationalmannschaften in Brasilien. Auch Costa absolvierte den Medizin-Check. Ob der Angreifer von Vasco da Gama ebenfalls in Berlin unter Vertrag genommen wird, entscheidet sich heute. Hertha verpflichtet Costa nur, falls ein anderer Profi den Verein verläßt. Bestätigen wollte es im Verein niemand, aber es geht um Artur Wichniarek (28). Der glücklose Angreifer hat Vertrag bis 2007, kommt bei den Blau-Weißen aber seit zwei Jahren nicht zurecht. Andreas Grajewski, Wichniareks Berater, sagte der Morgenpost gestern abend: "Ob Artur bleibt oder wechselt, entscheidet sich in den nächsten 24 Stunden." Es gibt lose Anfragen, etwa aus der Premier League, aber bisher nichts Konkretes.
Grajewski verweist auf ein grundlegenderes Problem: "Ob der Stürmer Pantelic oder Wichniarek heißt: Bei dem System, das Hertha spielt, wo die Angreifer so wenig Bälle bekommen, hat es jeder Stürmer schwer."
In unserem Kroatien-Forum finden Sie umfassende Informationen über Urlaub und Ferien in Kroatien sowie passende Ferienwohnungen, Hotels, Apartments und Ferienhäuser für den Kroatienurlaub.